Durchatmen? Fehlanzeige! Kommunalwahlen 2024

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Die OB-Wahl in Nordhausen scheint die Siegesserie der AfD bei Kommunalwahlen vorerst gestoppt zu haben. Ein Blick auf den Kalender jedoch genügt, um vorherzusagen, dass Thüringen im nächsten Jahr vor einer Vielzahl ähnlich schwieriger Wahlen steht. Wir geben einen Überblick über die anstehenden Wahlen und schauen, wo die AfD gute Chancen hat, bei den nächsten Kommunalwahlen in Thüringen abzuräumen.

Zwar siegte Kai Buchmann gegen seinen AfD-Herausforderer in der Stichwahl um den OB-Posten in Nordhausen, aber der Reigen der Thüringer Wahlen ist damit gerade erst eröffnet…

Wahlen, Wahlen, Wahlen

Thüringen steht vor einem „Superwahljahr“ 2024. In bundesweiten Medien sind überwiegend die anstehenden „Ost-Wahlen“ der Landtage in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im September 2024 präsent. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Frühjahr auch noch die Europawahlen und Kommunalwahlen anstehen.

Was wird bei den Kommunalwahlen gewählt?

Auf der Gemeindeebene, also in deinem Dorf oder in deiner Stadt, wählst du die Gemeinde- oder Stadträte. Sie sind die gesetzgebenden Organe auf der kleinsten Ebene und stellen zum Beispiel den örtlichen Haushalt auf und unterhalten in manchen Orten Kindergärten, Krankenhäuser und viele andere Dinge. Auf der Landkreisebene wählt man die Kreistage. Das ist quasi eine Ebene darüber. Die Kreistage haben die Belange ihres Landkreises im Blick.

Etwas komplizierter ist es bei den kreisfreien Städten. Das sind meistens Städte, die größer und deshalb eigenständig sind. Die Stadträte, die du dort wählst, übernehmen sowohl die Funktionen, die normalerweise von Gemeinde-/Stadträten übernommen werden, als auch die, die die Kreistage wahrnehmen. Die kreisfreien Städte in Thüringen sind Erfurt, Gera, Jena, Suhl und Weimar.

Bei diesen Wahlen zu den Gemeinde-, Stadträten und Kreistagen stellen sich Parteien mit Listen auf, auf denen Kandidat:innen stehen, die dann je nach Wahlergebnis in die Räte bzw. Kreistage geschickt werden. Du wählst also Parteien.

Abb. 1: Aufbau der öffentlichen Verwaltung in Deutschland

Wer wird gewählt?

Zusätzlich zu den Gemeinde-/Stadträten und Kreistagen wählt man auf kommunaler Ebene noch die Bürgermeister in den Gemeinden und Landräte in den Landkreisen. Sie sind quasi die „Regierung“ einer Gemeinde oder eines Landkreises und führen die Beschlüsse der gesetzgebenden Organe und der Landesregierung in Erfurt in ihrem Bereich aus. In den kreisfreien Städten übernehmen die Oberbürgermeister:innen diese Aufgaben.

Bei der Wahl dieser kommunalen Spitzenämter stellen sich Personen zur Wahl, die zwar meistens einer Partei zugehören, aber nicht zwingend müssen. Auf dem Wahlzettel stehen also Personen, die du wählen kannst.

Wo wird gewählt?

Die Landräte wählt man immer für sechs Jahre direkt. Da manchmal Personen aus je eigenen Gründen zurücktreten oder aus dem Amt scheiden, gibt es einige Landkreise in denen im kommenden Jahr noch keine neuen Landräte gewählt werden. Das betrifft die Landkreise Nordhausen (nächste Wahl 2027), Saalfeld-Rudolstadt (2026) und Sonneberg (2029).

Wo hat die AfD gute Chancen?

Natürlich kann man Wahlergebnisse nur schlecht vorhersagen. Gerade bei Kommunalwahlen ist es schwierig, Trends festzustellen, weil Wähler:innen-Umfragen fehlen oder lokale Besonderheiten eine große Rolle spielen. Man kennt sich in der Gemeinde oder in der Stadt und Parteibücher sind weniger wichtig. Trotzdem kann der Blick auf die vergangenen Wahlen helfen, Regionen zu finden, in denen einzelne Parteien besonders stark in der Vergangenheit waren.

Wir haben einmal alle Wahlergebnisse der AfD seit den letzten Kommunalwahlen in Thüringen angeschaut und für euch zusammengetragen. Dabei zeichnen sich deutliche Trends ab.

AfD-Hochburgen in Thüringen

Abb. 2: Hochburgen der AfD in Thüringen

Besonders im Osten Thüringens schnitt die AfD in der Vergangenheit besonders stark ab. In den dunkelblauen Gebieten, das sind die Landkreise Sonneberg, Saalfeld-Rudolstadt, Saale-Orla-Kreis, Greiz, Gera und Altenburger Land, erzielte die AfD über die vergangenen Landtags-, Bundestags-, Europa- und Kommunalwahlen deutlich über 25% der Stimmen.

In der kreisfreien Stadt Gera, wo im Schnitt fast 30% der Wähler:innen für sie Stimmen, ist die AfD Thüringenweit am stärksten. Hier könnte im nächsten Jahr der erste AfD-Oberbürgermeister in einer Großstadt gewählt werden. In Sonneberg (dunkelblau kariert) stellt die AfD seit diesem Jahr sogar den Landrat. In den hellblau-gepunkteten Landkreisen Sömmerda, Ilm-Kreis und Hildburghausen kam die AfD im Schnitt auf 23-24%. Auch hier kann sie sich damit bei den nächsten Wahlen gute Chancen ausrechnen.

Aber in Nordhausen ist die AfD doch auch gescheitert!

Ja, das stimmt zwar, aber der Blick auf die Wahlen zeigt auch, warum die AfD die gescheiterte Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen als „Achtungserfolg“ verkaufen kann. In Nordhausen erzielte die AfD bei bisherigen Wahlen „nur“ rund 21%, was knapp unter dem Thüringenschnitt von 22% liegt. Trotzdem hatte ihr Kandidat Jörg Prophet gute Chancen auf das Oberbürgermeisteramt. In den „Hochburgen“ der Partei sind die Voraussetzungen deutlich besser, dass einige ihrer Kandidat:innen bei den Kommunalwahlen in Thüringen mehr Erfolg haben werden.

Arvid

Bildnachweise

Abb. 1: Fred the Oyster (EN), glglgl (original SVG), David Liuzzo (original PNG), C.Löser (content for PNG), CC BY-SA 2.0 DE https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/deed.en, via Wikimedia Commons

Abb. 2: privat, AB

Foto Buchmann/Rathaus: privat, AB


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